Werbe-Ethik und die Privatsphäre der Spieler

Bereits in der Planungsphase mussten wir uns der Frage stellen, inwieweit eine virale Marketingkampagne die Privatsphäre von potentiellen...

Bereits in der Planungsphase mussten wir uns der Frage stellen, inwieweit eine virale Marketingkampagne die Privatsphäre von potentiellen Mitspielern verletzen könnte. Wir hatten etwa zwanzig Menschen, die gerne Alternate Reality Games (ARG) spielen bzw. sich mit ähnlichen Themen Online beschäftigen, ausgewählt. Einige dieser Spieler hatten bereits bei einem österreichischen ARG mitgespielt, dem Vienna Project. Weitere hatten wir über ihre Blog-Themen oder Twitter-Accounts als „ARG-affin“ eingestuft. Sie erhielten einen Monat vor Spielbeginn persönlich adressierte Postkarten. Einem noch kleineren Kreis haben wir anschließend anonym Flaschenpost zugestellt.

Die dazu benötigten Adressen erhielten wir über öffentliche Quellen wie der Telefonbuchauskunft Herold, der Firmensuche der Wirtschaftskammer und von Domain-Auskunftsstellen. Da die meisten von uns adressierten „Core Gamer“ sehr aktiv in Social Media / Web 2.0 Netzwerken sind, stellte dies kein Problem dar.

Am 22. März 2011 stellten wir einer unserer Spielerinnen, Iwona Wisniewska, eine Flaschenpost zu. Sie veröffentlichte noch am selben Tag eine erboste Reaktion auf diese Aktion in ihrem Blog (siehe Ausschnitt).

In einer anschließenden Diskussion auf unserer Facebook-Seite konnten wir sie davon überzeugen, in unser Spiel einzusteigen.

Puppet Master müssen ein Gespür für die adäquate Kommunikation mit den Spielern entwickeln und um die Wirkung ihrer Aktionen wissen. Der Absender oder die Inhalte von Botschaften hinter dem verdeckenden „Curtain“ könnten sonst missverstanden werden. Wir haben daher versucht, auf alle Einwände von Spielern und Interessierten aufklärend einzugehen – ohne den Auftraggeber oder uns selbst dabei zu enttarnen. Wir bewegten uns daher an einer dünnen, feinen Linie zwischen den üblichen Gepflogenheiten im Social Web 2.0 und unseren eigenen Regeln, um das Spiel so spannend wie möglich zu gestalten. Mit einigen Tricks und über die Social Media Netzwerke Facebook, Twitter, YouTube u.a. war es uns möglich, dabei unsere eigene Identität hinter dem, bei klassischen ARGs erforderlichen, „Curtain“ zu verstecken.

Im weiteren Spielverlauf haben wir Spieler nur mehr nach Aufforderung persönlich kontaktiert. Auch unseren Twitter-Account haben wir ausschließlich als Informationsquelle angeboten und sind keinen Spielern aktiv gefolgt.

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Die Rückmeldungen von Spielern im gesamten Verlauf des vier Wochen dauernden Reality Games verdeutlichen, dass die teilnehmenden Spieler diese Form der persönlichen Ansprache als ungewöhnlich und spannend empfanden.

Wer hat nicht schon einmal eine anonyme Postkarte erhalten und wüsste gerne, wer oder was dahinter stand? Doch zuerst mussten alle Puzzleteile zusammen gesetzt werden.